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Prunkkleid des Kurprinzen Johann Georg (II.) von Sachsen (1613–1680, Kurfürst ab 1656)
1617, Oberstoff: italienisch; Seide, Silber, Gold; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 19,
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

MACHT UND MODE: DIE VOLLENDUNG DES RENAISSANCEFLÜGELS IM DRESDNER RESIDENZSCHLOSS

9/4/2017
Eröffnung der neuen Dauerausstellungen der Rüstkammer
 
AUF DEM WEG ZUR KURFÜRSTENMACHT (Ostflügel und Ecksaal, 1. OG) und KURFÜRSTLICHE GARDEROBE (Nordflügel bis Schlosskapelle, 1. OG
 
DER RENAISSANCEFLÜGEL
Der Renaissanceflügel bezeichnet den Bereich des Dresdner Residenzschlosses, der die neuen Dauerausstellungen der Rüstkammer „Weltsicht und Wissen“ sowie „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ und „Kurfürstliche Garderobe“, aufnimmt.
 
Was mit der Ausstellung „Weltsicht und Wissen“, am 19. März 2016 begann, findet in der Eröffnung der zwei neuen Dauerausstellungen „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ und „Kurfürstliche Garderobe“ am 9. April 2017 seine Vollendung: die Fertigstellung des Renaissanceflügels. 

Posted 20 May 2017

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Das Residenzschloss im Herzen der Altstadt ist Ursprungsort und Zentrum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Seit 1485 war es die ständige Residenz sächsischer Herrscher und damit Machtzentrum der sächsischen Kurfürsten und Könige. Bei den Bombenangriffen auf Dresden im Februar 1945 wurde das Residenzschloss stark beschädigt. Der Wiederaufbau, beschlossen 1985, wird seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 mit den Mitteln des Freistaates Sachsen und des Bundes kontinuierlich fortgeführt. 

Die Fertigstellung als „Monument“ der Geschichte sowie „Residenz der Kunst und Wissenschaft“, d. h. als Museumsgebäudekomplex der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, kommt mit der Vollendung des Renaissanceflügels 2017 einen weiteren großen Schritt voran. In diesem Teil des Schlosses sind noch originale Befunde des 16. Jahrhunderts vorhanden. Im Ostflügel und im Nordflügel werden mit der Neueröffnung in einer sorgsam den historischen Gegebenheiten angepassten modernen Ausstellungsarchitektur des Dresdner Architekten Peter Kulka die schönsten Renaissancebestände der Rüstkammer – Prunkwaffen, Fürstenbildnisse und Prunkkleider aus dem Besitz der Kurfürsten von Sachsen – gezeigt. Die originalen Objekte illustrieren die wechselseitigen Beeinflussungen politischer, wirtschaftlicher und kulturhistorischer Ereignisse auf einzigartige Weise, erzählen persönliche und skurrile Geschichten und lassen Vergangenes wieder lebendig werden. 

Prachtmitra Markgraf Albrechts V. von Brandenburg (1490–1545), Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt (ab 1513), Erzbischof und Kurfürst von Mainz (ab 1514), Kardinal (ab 1518)
Mitteldeutsch, vermutlich Halle
1514 (?), Stickerei: vermutlich Hans Plock, Goldschmiedearbeit: vermutlich Hans Huiuff d. Ä.; Seide, Leinen, Pergament, Silber, Gold, Perlen, Schmucksteine; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 86
© SKD, Foto: Elke Estel

Prunkkleid des Kurfürsten Christian II. von Sachsen (1583–1611, Kurfürst ab 1591)
Um 1607; Oberstoffe: italienisch, Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei, Stickerei: Dresden (?), Barchent: Biberach; Teile: Wams und Hose;
Seidenatlas blau, Silberstickerei, Silberposamenten; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 7
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Landschaftskleid des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656)
1611; Oberstoffe und Stickgarne: italienisch; Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei; Stickerei: Hans Erich Friese, Dresden; Posamentierarbeit: vermutlich sächsisch; Teile: Mantel, Wams, Hose, Hut, Gürtel und Wehrgehänge; bunte Seide, Silber, Gold, Leder; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 8
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

AUF DEM WEG ZUR KURFÜRSTENMACHT
Die Ausstellung „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ verfolgt mit Prunkwaffen, Textilien und Fürstenbildnissen des Spätmittelalters und der Renaissance den Weg der Wettiner von der Erlangung der sächsischen Kurwürde durch Friedrich den Streitbaren (1370–1428) im Jahr 1423 über die Eroberung der Kurfürstenmacht für die albertinische Linie der Wettiner durch Herzog Moritz von Sachsen (1521–1553) im Jahr 1547 bis hin zur brüderlichen Nachfolge Herzog Augusts von Sachsen (1526–1586) in der kurfürstlichen Regierung 1553. Die Spitzenwerke markieren gleichermaßen historische und künstlerische Höhepunkte jener Zeit.
 
Die herausragende Rolle Kurfürst Augusts bei der Durchsetzung der Reformation, der Sicherung des Reichsfriedens und der wirtschaftlichen Entwicklung Sachsens spiegelt sich in dessen Prunkwaffen mit politischen und allegorischen Bildprogrammen. Die Neueröffnung der Ausstellung bildet den Hauptbeitrag der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017.
 

Landschaftskleid des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656)
1611; Oberstoffe und Stickgarne: italienisch; Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei; Stickerei: Hans Erich Friese, Dresden; Posamentierarbeit: vermutlich sächsisch; Teile: Mantel, Wams, Hose, Hut, Gürtel und Wehrgehänge; bunte Seide, Silber, Gold, Leder; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 8
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Raumfolge
Den Auftakt markiert der Trabantensaal im ehemaligen Gardesaal des Schlosses. Hier werden repräsentative Waffen der kurfürstlichen Leibtrabantengarde und Reisigen Knechte aus der Zeit um 1550 bis 1620 gezeigt. In den folgenden Räumen werden in zeitlicher Abfolge der Aufstieg der Wettiner zur Kurfürstenmacht, die Religionskämpfe und Spannungen zwischen Papst, Kaiser und Reich sowie die Eroberung der sächsischen Kurwürde durch Moritz von Sachsen dargestellt. Reich verzierte Waffen, Prachtmitren sowie Fürstenbildnisse des Spätmittelalters und der Frührenaissance geben ein lebendiges Zeugnis der Frühen Neuzeit und des Zeitalters der Reformation. Im Ecksaal werden Prunkwaffen Kurfürst Augusts präsentiert, die sich an italienischen Vorbildern orientierten: Rapiere und Dolche, Brigantinen, Helme und Schilde, Armbrüste und Feuerwaffen. Die Objekte zeugen vom wirtschaftlichen und künstlerischen Aufschwung der Residenzstadt Dresden. 

Helmbarte
Deutsch, 1588, Ätzmalerei: Augsburg, Schäftung und Medaillons: Dresden; Eisen, Kupfer, Gold, Holz; Ansicht mit dem kursächsischen Wappen; Rüstkammer, Inv.-Nr. S 14
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Prunkkleid der Kurfürstin Magdalena Sibylla von Sachsen (1586–1659)
Um 1610–1620; Oberstoffe: italienisch, Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei; Klöppelspitze und Posamentierarbeit: sächsisch; Teile: Mieder und Rock; Seidenatlas gelb und safranfarben, Goldstickerei, Gold- und Silberspitze; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 45
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Ausgewählte Exponate
Die 1485 vollzogene Teilung Sachsens in das ernestinische Kursachsen mit Wittenberg und das albertinische Herzogtum mit Dresden als landesherrliche Residenzen führte in der Reformationszeit zu einer tragischen Polarisierung der bis dahin einigen Wettiner. Sie bedeutete für die Ernestiner, die heldenhaft die Lutherische Kirche verteidigten, den Verlust der Kurwürde.
 
Die kostbaren und einmaligen Objekte der fürstlichen und geistlichen Protagonisten sind Zeugnisse der Reformationszeit in Sachsen.
-Das erste sächsische Kurschwert der Wettiner war ein Geschenk des Königs Sigismund an Friedrich den Streitbaren. Das Schwert kann nur anlässlich eines besonderen historischen Ereignisses in wettinischen Besitz gelangt sein. Dieses war mit dem außerordentlichen Moment der Übertragung der sächsischen Kurwürde an Markgraf Friedrich IV. von Meißen durch König Sigismund im Jahr 1423 gegeben.
-Die Mitra mit Perlenstickerei aus dem Besitz des Erzbischofs von Magdeburg und nachmaligen Kardinals Albrecht von Brandenburg, bedeutendster Gegenspieler Martin Luthers, steht exemplarisch für die außerordentliche Prachtentfaltung der Römischen Kirche am Vorabend der Reformation.
-Der Tod des Kurfürsten Moritz am 11. Juli 1553 infolge seiner in der Schlacht bei Sievershausen erlittenen Schussverletzung rückte diesen in den Rang eines Triumphators und tragischen Helden. Die blutbefleckte Feldbinde zeugt von diesem denkwürdigen Ereignis.
 

KURFÜRSTLICHE GARDEROBE
Die Kurfürstliche Garderobe der Rüstkammer führt mit originalen Gewändern der Zeit um 1550 bis 1650 die grandiose Fürstenmode der Renaissance und des Frühbarock vor Augen, wie sie bis auf wenige Ausnahmen sonst nur noch in Bildnissen der großen Herrscher jener Epoche zu belegen ist.
Die Überlieferung der Dresdner Fürstenkostüme verdankt sich ihrer dynastischen Bedeutung, ihrem in Gold, Silber und Seide ausgedrückten materiellen Wert und ihrer innovativen Ästhetik im Dienst der Herrscherinszenierung. Mit ihrer gesicherten Provenienz, der überragenden handwerklichen und künstlerischen Qualität der Textilien, dem Ensemblewert, der dynastischen Bedeutung, der Internationalität, der Periodenzuordnung und dem beeindruckenden Erhaltungszustand stehen die in Dresden überlieferten kurfürstlichen Prunkkleider im Rang eines europäischen Kulturerbes.
 
Im Wechsel werden insgesamt 27 Herrscherkostüme, darunter vier Damenkleider, vorgestellt. Die Kostüme – 6 vollständige Kostümensembles, 11 Anzüge mit Wams und Hose, 4 Damenkleider sowie 6 einzelne Obergewandstücke – werden nun seit ihrer kriegsbedingten Evakuierung ab 1939 erstmals wieder zu bewundern sein. In der internationalen Museumslandschaft sind diese Gewänder mehrheitlich ohne Vergleich und fungieren daher mit ihren originalen Befunden als Leitobjekte für das Verständnis der europäischen Mode und Textilkunst der Renaissance und des Frühbarock. 

Rock zum Prunkkleid des Kurfürsten Moritz von Sachsen (1521–1553, Kurfürst ab 1547)
Um 1545–1550, Oberstoffe: italienisch,
Schneiderarbeit: vermutlich Dresden; Teile: Rock, Wams, Hose und Strümpfe; Seidenatlas gelb, Seidensamt schwarz und gelb, Gold- und Silberposamenten, Leder gelb; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 1
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Prunkkleid des Kurfuersten Moritz von Sachsen Detail_ Seitenansicht

Raumfolge
In vier Räumen entfaltet sich eine sinnliche Pracht mit reichen Stoffen, Stickereien, Spitzen und Posamenten von Gold, Silber und Seide. Nach langjährigen umfangreichen Restaurierungen und Konservierungen wird nun eine repräsentative Wechselaufstellung der kurfürstlichen Prunkkleider in ihrer ganzen Pracht möglich.
 
Ausgewählte Exponate
Mit der Neueröffnung der Kurfürstlichen Garderobe im Dresdner Residenzschloss 2017 werden die Kostüme nach mehr als 75 Jahren endlich wieder in einer Dauerausstellung gezeigt. Damit wird dieser einzigartige Schatz europäischer Mode- und Textilgeschichte der Öffentlichkeit und Forschung zugänglich.
 
-Begründet wurde die Sammlung durch Kurfürst August von Sachsen (1526–1586), der die Kleider seines Bruders Moritz zum Andenken an den ersten albertinischen Kurfürsten zur dauerhaften Verwahrung bestimmte. Aus dessen Besitz ist ein Prunkkleid in leuchtendem Gelb und Schwarz vollständig, einschließlich der Lederstrümpfe, überliefert. Die auf Moritz folgenden Kurfürsten fügten dem Bestand jeweils ihre eigenen, meist mit großen Ereignissen verbundenen Prunkkleider hinzu.
-Das phantastische Prunkkleid der Kurfürstin Magdalena Sibylla (1586–1659) stellt eine besondere Rarität dar, da Damenkleider wesentlich seltener im Sinne einer dynastischen Geschichtsschreibung aufbewahrt wurden. Das Kleid mit Zitaten der venezianischen Mode weist die Kurfürstin zudem als ausgesprochene Modekennerin aus.
-Im sogenannten Landschaftskleid des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585– 1656) findet die Demonstration von Macht und Pracht in der Herrscherkleidung ihren höchsten Ausdruck. Die Bildstickerei am Mantel zeigt die reiche Elblandschaft mit der Residenz Dresden. Das Weihnachtsgeschenk seiner Mutter, Kurfürstin-Witwe Sophie, im Jahr seines Regierungsantritts 1611 darf als Auftrag verstanden werden, das stolze Erbe zu bewahren und weiter blühen zu lassen.
 

MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG
Die Eröffnung von Macht und Mode verdankt sich der maßgeblichen Finanzierung durch den Freistaat Sachsen, der unerlässlichen und kontinuierlichen Kofinanzierung durch den Bund sowie unserem langjährigen Hauptförderer, der Sparkassen-Finanzgruppe, ebenso der Abegg-Stiftung, die großzügig die Restaurierung zweier Exponate auf eigene Kosten übernommen hat. Entscheidend waren die herausragenden Leistungen der Experten des Staatsbetriebs Sächsisches Immobilien- und Baumanagement und nicht zuletzt der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie der Sächsischen Zeitung als Medienpartner. 

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DRESDEN CASTLE
Residenzschloss
Taschenberg 2, 01067 Dresden, Germany
+49 (0)351-49142000
http://www.skd.museum/de/museen-institutionen/residenzschloss/index.html

Prunkkleid der Kurfürstin Magdalena Sibylla von Sachsen (1586–1659)
Um 1650; Oberstoff: italienisch (?); Seidenatlas gelb, Silberstickerei mit Silberpailletten; Rüstkammer, Inv.-Nr. i. 43
© SKD, Foto: Jürgen Karpinski
 

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